"Ich fühle mich irgendwie alleine – obwohl ich mit meinem Partner zusammen bin.“
„Früher waren wir uns so nah. Heute wissen wir manchmal kaum noch, was den anderen gerade beschäftigt."
Solche oder ähnliche Sätze hören wir oft in unserer paartherapeutischen Praxis.
Wir Menschen sind Bindungswesen. Daher belastet es uns sehr, wenn wir eine zunehmende Distanz zu unseren wichtigsten Bezugspersonen spüren. Steuern wir nicht gezielt dagegen, besteht die Gefahr, dass auch ursprünglich als innig und stabil erlebte Beziehungen ins Straucheln geraten.
Wenn zwei Partner sich immer weniger mitteilen und immer weniger miteinander teilen, kann das zu einer Vielzahl an Beziehungsproblemen führen. Zu den häufigsten gehören:
Wenn sich ein Paar als nicht mehr richtig verbunden erlebt, kommt es rascher zu Konflikten. Mindestens einer der beiden Partner fühlt sich dann nicht mehr wirklich gesehen und vom anderen unterstützt. Streit über nicht gestillte Bedürfnisse führt allerdings fast immer zum genauen Gegenteil dessen, was man sich wünscht: Die gefühlte Distanz wird umso größer.
Wenn es in Ihrer Beziehung zu häufigen Streitigkeiten kommt (siehe hierzu auch den Artikel „Ständiger Streit in Beziehung“), ist es ganz besonders wichtig, sich ab sofort rechtzeitig und aktiv um Kompromisse zu bemühen, damit Sie sich nicht noch weiter voneinander entfernen. Dabei gilt: Ein Kompromiss ist nur dann gut, wenn er beiden gleich ‚weh tut‘ bzw. - positiv formuliert - wenn sich beide Parteien in etwa gleich stark bewegen.
Wird die Distanz zum Partner immer größer, fühlt man sich früher oder später allein. Schließlich ist der Partner der Mensch, zu dem man früher die größte Nähe erlebt hat. Die seelischen und körperlichen Folgen von länger anhaltender Einsamkeit auf uns Menschen sind massiv. Sollten Sie sich also schon an diesem Punkt wiederfinden, versuchen Sie, schnellstmöglich aufeinander zuzugehen und sich zu öffnen.
Konkrete Tipps, wie das gut gelingen kann, finden Sie weiter unten in diesem Artikel.
Werden Menschen, die sich auf eine Affäre eingelassen hatten, nach den Gründen gefragt, wird vor allem eines sehr häufig genannt: Die eigenen Bedürfnisse seien lange Zeit unerfüllt geblieben.
Selbstverständlich beginnt nicht jeder Mensch eine Affäre, weil er und sein Partner sich auseinandergelebt haben - aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist deutlich erhöht. Denn - wenn es in der bestehenden Beziehung nicht mehr rund läuft - glauben viele Menschen, dass ein anderer Partner die Lösung für die unerfüllten Wünsche sein könnte.
Das funktioniert allerdings in den allermeisten Fällen nicht. Stattdessen verkompliziert eine Affäre oder ein Seitensprung die Situation deutlich. Entscheidet sich ein Paar, die Beziehung nach dem Betrug zu beenden, machen Schuldgefühle und (Selbst-)Vorwürfe eine ohnehin belastende, emotionale Trennung noch herausfordernder.
Und möchte ein Paar die Partnerschaft nach dem Ende einer Affäre weiterführen, wird der Neustart umso schwieriger. Daher raten wir dringend: Lassen Sie sich - wenn nicht bereits geschehen - nicht auf einen Seitensprung ein - auch wenn bzw. gerade wenn es in Ihrer Beziehung stark kriselt.
Hat sich ein Paar sehr auseinandergelebt, ist es oftmals nur eine Frage der Zeit, bis das Wort Trennung im Raum steht. Der Zustand des "Sich-zu-zweit-alleine-Fühlens" ist für die meisten Menschen auf längere Sicht nämlich kaum zu ertragen. Sich zu trennen ist jedoch ein immens belastender Schritt, der weitreichende Folgen nach sich zieht (umso mehr, wenn Kinder im Spiel sind) und will daher gut überlegt sein.
Eine hochgradig emotionalisierte Situation (Enttäuschung, Traurigkeit, Wut...) ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, um eine solch folgenschwere Entscheidung zu treffen. Sprechen Sie mit Ihrem Partner daher nicht über eine mögliche Trennung, wenn Sie gerade stark aufgewühlt sind. Denkt ein Mensch aufgrund der emotionalen Distanz über eine Scheidung oder Trennung nach, hofft er meist, bei einem neuen Partner dauerhafte Nähe und Verbundenheit zu finden. Doch das gelingt in der Regel nicht: Die Scheidungsrate von Zweit- oder Drittehen ist noch höher als bei Paaren, die zum ersten Mal verheiratet sind. Deshalb sollten Sie möglichst frühzeitig gegensteuern, sobald Sie spüren, dass Sie und Ihr Partner sich auseinanderzuleben beginnen. Frei nach dem Motto: „Lieber mit dem alten Partner etwas Neues erleben als mit einem neuen Partner das Alte.“ Das gelingt am besten, wenn Sie die ersten Anzeichen für ein Auseinanderleben erkennen.
Eine Distanz zum Partner ist in der Regel nicht plötzlich da. Entfremdung beginnt meist schleichend. Hier finden Sie einige der häufigsten Warnsignale dafür, dass Sie in Gefahr sind, sich auseinanderzuleben, oder Sie sich bereits spürbar auseinandergelebt haben:
1.) Sie tauschen sich immer seltener in Ruhe über das aus, was Sie beschäftigt.
2.) Manchmal fühlen Sie sich einsam - auch wenn Sie zu zweit sind.
3.) Oft haben Sie den Eindruck, dass Ihr Lebenspartner Sie nicht (mehr) richtig wahrnimmt.
4.) In Ihrem Alltag gibt es kaum noch Raum für Nähe und Zärtlichkeit.
5.) Ihr Paarleben lässt sich mehr als "Nebeneinander" denn als "Miteinander" beschreiben.
6.) Sie fragen sich manchmal insgeheim, ob Sie in dieser Konstellation wirklich ‚alt werden’ möchten.
7.)Sie haben das Gefühl, dass Ihre Partnerschaft irgendwie "eingeschlafen" ist.
8.) Sie sind sich nicht mehr sicher, ob es überhaupt noch echte Gefühle zwischen Ihnen gibt. Manchmal befürchten Sie, dass Sie nur noch aus Gewohnheit zusammen sind.
9.) Leidenschaft, Erotik und Sexualität sind zwischen Ihnen beiden (beinahe) verschwunden.
10.) Stress, Alltagssorgen und Probleme lassen kaum mehr Raum für Momente, in denen Liebe und Innigkeit gespürt werden könnten.
11.) In Ihnen macht sich immer wieder die Phantasie breit, dass Sie mit einem neuen Partner zufriedener und glücklicher sein würden.
Sollten Sie sich in mehreren dieser Aussagen wiederfinden, haben Sie und Ihr Partner sich vermutlich schon deutlich voneinander entfernt.
Eine solche Entwicklung ist kein Hinweis dafür, dass Ihre Beziehung bereits von Anfang an fragil war. Selbst Paare mit einem zunächst sehr starken „Wir-Gefühl“ können sich durch die verschiedensten Umstände auseinanderleben.
Um die Gründe hierfür zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick darauf, wie sich Beziehungen typischerweise entwickeln.
"Das war doch früher mal ganz anders zwischen uns..." Diesen Gedanken hat wohl jeder, der sich eines Tages neben seinem Partner fremd fühlt. Dass Beziehungen dynamisch sind, sich verändern und weiterentwickeln, ist ganz 'normal'. Der Hormoncocktail, von dem wir in der ersten Phase der Annäherung durchflutet waren, wird mit der Zeit automatisch weniger, das Leben mit seinen zahlreichen Herausforderungen bedarf wieder unserer verstärkten Aufmerksamkeit.
Eine langjährige Beziehung unterliegt daher ganz natürlichen Veränderungen und durchläuft immer verschiedene Phasen.
In den ersten Monaten (und manchmal sogar in den ersten Jahren) einer neuen Beziehung wollen beide Partner so viel gemeinsame Zeit wie nur irgend möglich mit dem anderen verbringen. In dieser Anfangs-Phase läuft in den meisten Fällen alles wie von selbst: Beide suchen viel Nähe, haben sexuelle Lust auf einander, gehen liebevoll und achtsam mit dem anderen um.
Irgendwann verändern sich diese intensiven Gefühle aber - und davon werden einige Paare mehr oder weniger „kalt erwischt“. Dabei ist dieser Wandel tatsächlich wichtig und richtig, denn er läutet eine Phase ein, in der die heftige Verliebtheit allmählich in eine tiefe Liebe und Verbundenheit übergehen kann.
Die Verliebtheit der ersten Phase wird idealerweise nach und nach durch Gefühle von Verlässlichkeit, Vertrautheit und Vorhersagbarkeit abgelöst. All das braucht es für eine lange Partnerschaft. Das fühlt sich zwar nicht so aufregend an - ist aber umso wertvoller für unsere innere Gesundheit und Stabilität. Die Partner gestalten nun den Alltag miteinander, bewältigen Herausforderungen als Team, lernen einander tiefer kennen und gewinnen einen Lebensgefährten, mit dem sie Gegenwart und Zukunft verbringen möchten. In der folgenden Phase wird es jedoch oft kritisch.
Nachdem am Anfang alles wie von selbst gelaufen ist, muss nun, da sich ein gemeinsamer Alltag eingestellt hat, aktiv Raum für schöne und besondere Momente geschaffen werden. Denn andere Dinge im Leben gewinnen wieder an Bedeutung: Hat sich die Beziehung erst einmal eingespielt, werfen die Partner nicht mehr kopflos alle sonstigen Pflichten oder Verabredungen über den Haufen, um jeden Moment mit dem Geliebten zu verbringen.
Das ist grundsätzlich auch gut so. Denn sonst wären wir Menschen langfristig kaum in der Lage, unseren Alltag erfolgreich zu bestreiten. Es bedeutet allerdings auch, dass die Partnerschaft von jetzt an kein Selbstläufer mehr ist. Das "Wir" muss gezielt im Blick behalten werden. Vielleicht fragen Sie sich nun, wie das gelingen kann. Erfordert Beziehung harte Arbeit? Nein! Das nicht. Aber: Bewusst reservierte Zeit und Aufmerksamkeit für einander.
Grundsätzlich gilt:
Wer vor einer Trennung nicht alles in seiner Macht Stehende versucht hat, um eine langjährige Beziehung zu retten, wird im Nachhinein mit Zweifeln und Selbstvorwürfen kämpfen.
Es ist immer besser, vor der Entscheidung für ein finales Ende des gemeinsamen Weges (noch einmal) einen ernsthaften Versuch gestartet zu haben, um die Beziehung wieder auf ein stabiles Fundament zu stellen.
Die wichtigste Voraussetzung:
Beide Partner haben noch wirkliches Interesse daran, die Paarbeziehung weiterzuführen. Denn um auch nach der ersten Honeymoon-Phase eine glückliche Partnerschaft zu führen, ist zwar keine mühsame Arbeit erforderlich, aber durchaus aktiver Einsatz.
Beziehungen müssen gehegt und gepflegt werden, um lebendig zu bleiben und weiterhin gedeihen zu können.
Frisch Verliebte versuchen oft, dem geliebten Menschen bereits Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen, noch bevor sie überhaupt ausgesprochen wurden. Es ist uns nämlich unendlich wichtig, dass es dem anderen gut geht.
Häufig jedoch nehmen diese Zeichen der Wertschätzung und Fürsorge im Laufe der Zeit deutlich ab oder bleiben sogar ganz aus – etwa dann, wenn sich einer von beiden immer mehr zurücknimmt (im Sinne von "Keine Kritik ist Lob genug") und den anderen nur noch wissen lässt, wenn ihm etwas nicht passt. Das schadet der Liebe.
Jedes Mal hingegen, wenn wir dem anderen bewusst etwas Gutes tun, stärkt das unser Wir-Gefühl und wappnet uns automatisch für „schwierigere Zeiten“. Vermutlich wissen Sie am allerbesten, durch welche Gesten sich Ihr Partner gesehen und wertgeschätzt fühlt. Bleiben Sie daher aufmerksam und wohlwollend bzw. werden Sie es wieder!
Wenn die Zweisamkeit im Alltag vernachlässigt wird, da Probleme, Sorgen und Pflichten - aber auch schöne Dinge wie Hobbys, Kinder oder eigene Interessen – (wieder) in den Fokus rücken, können auch ehemals sehr leidenschaftliche und liebevolle Partnerschaften ins Wanken geraten.
Sich bewusste Zeitfenster füreinander freizuhalten, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass eine Paarbeziehung glücklich und stabil bleibt. Planen Sie gemeinsame Unternehmungen als feste Termine – und tragen Sie sie genauso fix in Ihren Kalender ein, wie Sie es auch mit jedem anderen wichtigen Termin tun würden.
Das sorgt dafür, dass ihre gemeinsame Zeit als Paar im stressigen Alltag nicht komplett auf der Strecke bleibt.
Wenn man seiner angezählten Beziehung noch einmal eine echte Chance geben möchte, sind vor allem drei Dinge wichtig:
- Geduld mit sich und dem anderen,
- der Wunsch, unter allen Umständen respektvoll zu bleiben und
- die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden, nach dem Motto: Agieren statt Reagieren.
Anders, als Sie vielleicht bislang dachten, ist es für die Partnerschaft erwiesenermaßen bereits enorm hilfreich, wenn zunächst nur einer der beiden Partner das Ruder für mehr Beziehungsqualität wieder bewusst in die Hand nimmt. Denn gehen Sie selbst konstruktiv und konsequent in Vorleistung, wird Ihr Partner mit größter Wahrscheinlichkeit bald nachziehen. Entscheidend ist allerdings, dass die 'richtigen' Strategien und Verhaltensweisen zum Einsatz kommen. Um sie zielsicher zu finden und im Beziehungsalltag auch tatsächlich anzuwenden, kann eine professionelle Unterstützung sinnvoll sein. Wenn die Beziehungsprobleme schon sehr lange andauern und andere Strategien keine Wirkung gezeigt haben, können persönliche Sitzungen bei einem Paarberater oder Paartherapeuten vor Ort ein wichtiger nächster Schritt sein.
Eine niederschwellige Alternative stellen bewährte Ratgeber und wissenschaftlich fundierte Selbsthilfeprogramme dar. Diese haben den Vorteil, dass sie orts- und zeitunabhängig (überall und jederzeit) genutzt werden können und wichtige Einheiten beliebig oft wiederholbar sind. Ein Beispiel für ein solches Programm ist das PaarBalance Online-Coaching. Es ist das einzige wissenschaftlich überprüfte, interaktive Online-Coaching-Programm zur Verbesserung von Paarbeziehungen im deutschsprachigen Raum, das auch vom einzelnen Partner durchgeführt werden kann. In dem Online-Programm finden Sie einen Schritt-für-Schritt-Plan, mit dem Sie bestehende Beziehungsprobleme systematisch lösen, als Paar (wieder) zusammenwachsen und in Eigenregie dafür sorgen können, dass Ihre Partnerschaft (wieder) auf einem festen, harmonischen Fundament steht.
Vor Beginn des Coachings können Sie einen (kostenfreien) Beziehungstest durchführen, um einen hilfreichen Überblick über Ihre Ressourcen als Paar und konkrete Verbesserungspotentiale zu gewinnen.
- Romantische Beziehungen verändern sich immer mit der Zeit. Das ist völlig normal und ‚gesund‘.
- Häufig jedoch sorgen Alltag, Job und Haushalt dafür, dass sich die Partner mehr und mehr auseinanderleben.
- Hält die emotionale Distanz über einen längeren Zeitraum an bzw. wird sie zu groß, gerät die Beziehung in Gefahr.
- Trennungen und Scheidungen gehören zu den schmerzlichsten biographischen Zäsuren überhaupt.
- Sie sollten daher nur die allerletzte Option sein, wenn alle anderen Möglichkeiten, wieder zusammenzufinden, ausgeschöpft worden sind.
- Arbeiten Sie darauf hin, die entstandene Distanz zu überwinden und sich wieder anzunähern.
- Auch eine schon lange als ‚angezählt‘ und ‚strapaziert‘ erlebte Beziehung kann in erstaunlich schneller Zeit (wieder) als innig, intim und glücklich erlebt werden.
- Das Motto sollte sein: Agieren statt Reagieren. Denn erfreulicherweise liegt es in Ihren eigenen Händen, Ihre Beziehungsqualität – und damit Ihre gesamte Lebensqualität – zu verändern!
Ich wünsche Ihnen alles Liebe für sich und Ihre Partnerschaft!
Ihre Dr. Judith Gastner
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