Dass das Leben an der Seite einer durchsetzungsstarken Frau, die ihre Karriere über internationale Modelabel wie Prada oder Petit Bateau an die Spitze als Senior Buyer bei SAKS Fifth Avenue off 5th Europe GmbH zielstrebig verfolgte, viele Hochs und Tiefs hat, wundert nicht. Claudia Franz ist als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder eine Exotin in ihrem Business, das sie als wenig familienfreundlich beschreibt. Der sprichwörtliche Fels in der Brandung ist ihr Mann, Henning Franz, selbstständiger Architekt. Ein Schlüssel für ihre nachhaltige Beziehung und Claudias Erfolg in der Modebranche heißt Reden. Und zwar miteinander und auch durchaus kontrovers. Der andere Schlüssel: Auszeiten nehmen, gemeinsam als Paar „Quality Time“ schaffen, und wenn es nur der gemeinsame Spaziergang mit dem Hund ist.
Henning Franz erzählt: Unsere Beziehung startete als Fernbeziehung, was für uns beide keine Dauerlösung war. Ich pendelte mittwochs für einen Tag nach Düsseldorf, um Claudia zu sehen. Sie kam dann Freitag Abend für das Wochenende nach Mainz. Weil ich zu der Zeit bereits selbstständiger Architekt mit Büro und fester Homebase in Mainz war, stand schnell fest: Wir ziehen gemeinsam in ein Mainzer Eigenheim. Sicher wäre es für Claudia einfacher gewesen, auch weiterhin im deutschen Prada-Headquarter in Düsseldorf zu arbeiten, doch sie fand schnell in Frankfurt eine Alternative. Nachdem unsere Tochter zur Welt gekommen war, startete sie als Store-Managerin in Frankfurt. Für mich war es keine Frage, dass wir uns das Holen und Bringen unserer Tochter zur Tagesmutter teilten: „Jeder, wie er kann“ war und ist auch heute noch unsere Devise. Dass ich als selbstständiger Architekt mit eigenem Büro flexibler agieren und damit die Hauptlast der Kinderversorgung unter der Woche tragen kann, war klar. Obwohl ich von zu Hause eine traditionelle „Gewaltenteilung“ gewöhnt war, wusste ich: Meine Frau übt ihren Job mit der gleichen Energie und Leidenschaft aus, wie ich es tue, also müssen wir Mittel und Wege finden, dass jeder von uns glücklich ist und wir unsere Ziele – auch mit Kindern – weiterverfolgen können.
Die Mittel und Wege haben wir hauptsächlich auch meinen Eltern zu verdanken. Immer wenn die Tagesmutter oder die Kinder krank waren – 2006 kam unser Sohn dazu – waren sie es, die uns beiden dann den Rücken zum Arbeiten freihielten.
Das Modell Selbstständigkeit und Festanstellung möchten wir, auch wenn es ein hohes Maß Kompromissbereitschaft bedeutet, nicht missen. Denn jede Selbststä.ndigkeit hat ihre Sinuskurve. Claudias Angestelltenverhältnis ist da eine feste Bank. In unserem Bekanntenkreis arbeiten meist beide Elternteile, von daher sehen wir unser Lebensmodell als nichts Außergewöhnliches an. Jeder trägt eben seinen Teil zum Familieneinkommen bei.
Fragen, die zu unserem Lebens- und Arbeitsmodell aus dem Umfeld kommen, fokussieren daher eher auf das „Wie“: Wie schafft ihr es, wenn Claudia beruflich unterwegs ist und abends nicht da ist? Das ist dann eher Interesse als Bewunderung. Ich sehe meine Funktion als Fels in der Familienbrandung als selbstverständlich an. Man wächst mit seinen Aufgaben, auch wenn ich mich bis heute strikt weigere, die Wäsche zu machen. Einkaufen, Essen kochen, für die Kinder da sein – das ist mein Metier. Den Rest erledigt unsere „gute Seele“, die zwei Mal in der Woche kommt.
Natürlich gibt es auch Phasen, in denen es mal nicht rund läuft. Ein Kind ist krank, Claudia ist im Ausland und der eingeplante Babysitter springt ab. Da heißt es Augen zu und durch. Natürlich hat man dann Phasen der totalen Erschöpfung, vor allem, wenn es auch mal im Job nicht so läuft. Wir haben es aber immer geschafft, sei es durch unsere gemeinsamen Hobbys oder durch unsere Spaziergänge, Luft zu schnappen und den Kopf wieder über Wasser zu bringen. Wir reden viel und tun uns gegenseitig gut.
Wir konnten beide zu gleichen Maßen unsere Karriere vorantreiben. Einmal stand für Claudia ein Angebot im Raum, in die Schweiz zu ziehen. Dies hätte für mich bedeutet, dass ich mein soziales und berufliches Netzwerk in Mainz hätte aufgeben müssen. Wir haben viel diskutiert. Am Ende aber hat uns das Angebot nicht ausreichend überzeugt, obwohl das Unternehmen unsere ganze Familie in die Schweiz eingeladen hatte. Als mein Büro eine weniger erfolgreiche Phase verkraften musste, haben wir ebenfalls diskutiert und sind trotz schwieriger Auftragslage zur Lösung gekommen, dass ich die Selbstständigkeit nicht aufgebe – ich bin die Konstante in der Flexibilität, die eine Familie mit Kindern benötigt. Diese Flexibilität aufzugeben und in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln, hätte unser bisheriges System gehörig ins Wanken gebracht.
Das Geheimnis unserer Beziehung ist, dass wir alles miteinander besprechen. Und mit „alles“ meine ich wirklich alles. Bei uns wird nichts unter den Teppich gekehrt, höchstens Krümel vom Frühstück. Dinge, die uns bedrücken, müssen raus. Dazu gehört es, dass ich als Mann auch mal schwach sein kann. Meine Frau ist gleichzeitig mein bester Freund und Berater. Niemand kennt mich so gut wie sie. Alles, was einen Einfluss hat auf unsere Karrieren und unsere Familie, bespreche ich mit ihr. Diese Offenheit verlangt uns beiden Größe und Mut ab. Manchmal ist sie stärker, in manchen Situationen bin ich es. Viele Beziehungen in unserem Umfeld sind genau daran gescheitert: Die Paare haben nie wirklich miteinander gesprochen, sondern nur nebeneinander her gelebt.
Claudia ist konsequent und durchsetzungsfähig. Das bewundere ich sehr an ihr. Sie ist ein nur schwer zu überzeugender Diskussionspartner. Das macht es ihr sicherlich auch im Beruf nicht immer leicht. Ich versuche sie dabei, so gut es geht, emotional zu unterstützen. Wir führen eine ergänzende Beziehung, die geprägt ist von Offenheit und einem tiefen Verständnis füreinander und einer demokratischen Gewaltenteilung, was Haushalt und Kindererziehung betrifft. Daraus generiert man Zufriedenheit, und genau das ist es, wovon letztendlich auch der Arbeitgeber profitiert. Claudia ist ein Mensch mit einer unwahrscheinlich gefestigten Persönlichkeit, die alles, was sie tut, ob in der Familie oder in ihrem Beruf, mit Freude angeht.
Über Claudia Franz:
Claudia Franz ist gelernte Industriekauffrau. In Paris, Trier und Montpellier studierte sie European Business Administration. Nach einer Station als Trainee im Einkauf/Verkauf bei der Karstadt AG wechselt sie 1996 in den Designer-Moden- Bereich in Wiesbaden: Dort baut sie eine neue Abteilung mit sechs Angestellten auf und zeichnet für den Einkauf von Designer-Marken verantwortlich. Bereits zwei Jahre später geht sie zu Prada. 2008 steigt sie bei Petit Bateau ins Boot, zunächst als Merchandising und Supply Chain Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ein Jahr später übernimmt sie die gesamte Business Administration für Zentraleuropa, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Polen, die Slowakei und Tschechien. Ihr Karriereweg führt dann über die TJX Europe GmbH, wo sie für den gesamten Europäischen Einkauf im Bereich Schuhe für 500 Ladengeschäfte zuständig ist, hin zu ihrer Position als Senior Buyer bei Saks Fifth Avenue off 5th Europe GmbH.
Über Henning Franz:
Henning Franz studierte in Kaiserslautern und Darmstadt Architektur. Der geborene Wiesbadener arbeitet nach seinem Studium als Partner bei BOS Architekten, bis er 2002 das Architekturbüro seines Vaters als Alleininhaber übernimmt. Mit seinem Büro für Objektplanung und Stadtgestaltung realisiert er vorwiegend Projekte in den Bereichen Wohnungsbau, Kultur, Bildung und Revitalisierung (http://www.franzarchitekten.de). Zudem engagiert er sich ehrenamtlich als Stadtrat und baupolitischer Sprecher seiner Fraktion und bringt seine gesammelten beruflichen Erfahrungen zum Wohl der Stadt Mainz ein.
Über das Buch „Männer an der Seite erfolgreicher Frauen“:
Wie lebt es sich mit einer erfolgreichen Frau? Wie kam es zu dieser Konstellation? Die Herausgeberinnen hinterfragen gängige Rollenmodelle und bringen mit 21 Expertenbeiträgen und Porträts von Männern (und ihren erfolgreichen Frauen) Licht ins Dunkel. Dabei betreten die Herausgeberinnen thematisches Neuland, denn die Rolle des Partners in der Karriere der Frau ist bislang „unterbelichtet". Das richtungsweisende Buch liefert Denkanstöße, wie man traditionelle Muster hinterfragen und aufbrechen kann.
von Vanessa Conin-Ohnsorge, Martina Lackner, Angelika Weinländer-Mölders
Haufe Verlag 2018, EUR 29,95/EBook EUR 25,95
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