Viele Mütter haben heutzutage das Gefühl, nur am Rennen zu sein. Ständig auf dem Sprung, immer unter Zeitdruck. Den Kopf immer voll mit Gedanken an alles mögliche. Nur nicht an sich selbst. Im täglichen Dreikampf Beruf – Haushalt – Kinder bleibt vor allem eines auf der Strecke: Die eigene Selbstfürsorge. Aber woher kommt eigentlich dieser permanente Druck, diese immense Mehrfachbelastung auf die heutige Müttergeneration?
Einer der Gründe ist die so genannte Rushhour des Lebens. So bezeichnen Soziologen die Lebensjahre zwischen Ende 20 und Anfang 40, in denen geballt das zusammenfällt, was sich früher über einen längeren Zeitraum erstreckte: der erste Job, Karriere, Hausbau oder Hauskauf, das Kinderkriegen und immer häufiger auch das Pflegen der eigenen Eltern. Unsere Lebensentwürfe haben sich verschoben – und zwar nach hinten. Was unser Leben komplizierter macht. Und den Stress verursacht, der immer mehr Mütter an den Rande des Burnouts bringt. 1970 war eine Frau bei der Geburt ihres ersten Kindes laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich 24 Jahre alt. 2015 waren es schon 29,4 Jahre – und das Alter verschiebt sich laut Trend noch weiter nach hinten.
Damit fällt das Elternwerden in die Jahre, in denen Eltern auch gleichzeitig im Beruf durchstarten: Die ersten Jahre als Berufsanfänger sind vorbei, nun geht es an die Karriereleiter. Oder darum, den Job zu sichern. Und wer eine Familie gründet, will ihr auch ein Heim bieten und kauft oder baut ein Haus. Das alles fällt zusammen in die Jahre, in denen man Baby und Kleinkind großzieht, genau die Jahre, die für Eltern laut diverser Umfragen, am belastendsten sind. Babys und Kleinkinder brauchen mehr Fürsorge, dazu kommen Schlafmangel und die ständigen Infekte der ersten Jahre: Das alles kostet Energie.
Die Mehrfachbelastung lässt sich übrigens auch durch Zahlen belegen: Eine Erhebung des Deutschen Bundestags ergab 2006, dass die Gesamtarbeitszeit für Mütter mit Kindern unter drei Jahren bei 57 Stunden in der Woche liegt, bei Schulkindern sind es „nur“ noch 52 Stunden, bei Teenagern 48 Stunden in der
Woche. Was sich hinter dem sperrigen Begriff „Gesamtarbeitszeit“ verbirgt? Unter anderem berufliche Arbeitsstunden, Haushalt und Kinderfürsorge. Zum Vergleich: Bei Kinderlosen liegt diese Gesamtarbeitszeit übrigens bei ganzen 32 Stunden in der Woche. Dabei bleibt vor allem eine auf der Strecke: Die Mutter. Und ihre Auszeiten. Die Zeit, die sie nur für sich selbst hat. Für ihre Selbstfürsorge.
Eltern von Kindern unter drei Jahren haben ganze drei bis zehn Stunden in der Woche „Erwachsenenfreizeit“ nur für sich selbst. Bei Kinderlosen sind es hingegen 40 Stunden! An wem diese Mehrfachbelastung meistens hängenbleibt? Leider immer noch an den Müttern. Denn aller Emanzipation zum Trotz, haben sich die alten Rollenmodelle noch nicht in Luft aufgelöst. Zwar nimmt sich die Mehrzahl aller Paare vor der Geburt des ersten Kindes vor, sich gleichermaßen um Haushalt
und Kind zu kümmern - doch mit dem Verlassen des Kreisssaals scheinen diese guten Vorsätze hinfällig zu werden.
Laut Bundesfamilienministerium gelingt es gerade 14 Prozent aller Paare, die Arbeit zu gleichen Teilen aufzuteilen. 14 Prozent! Das bedeutet, dass gut ausgebildete, früher in Vollzeit arbeitende Frauen auf einmal 80 Prozent der Hausarbeit übernehmen. Plus den Großteil der Kindererziehung.
Da überrascht es nicht, dass immer mehr Mütter am Ende ihrer Kräfte sind. Der größte Stressfaktor, so unter anderem eine DAK-Studie: Die Mehrfachbelastung durch Erziehung, Haushalt und Beruf. Aber wie kommen Mütter aus dieser Mehrfachbelastung heraus? Wie schaffen sie es, Haushalt, Kind und Job unter einen Hut zu bringen, ohne sich selbst dabei aus den Augen zu verlieren? Es müssen sich nicht nur die äußeren Bedingungen ändern. Auch müssen wir Mütter uns mehr auf uns selbst und unserer Bedürfnisse besinnen. Niemand kann auf Dauer 120 Prozent geben – ohne Pausen und Zeit für sich geht es nicht.
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