„Nicht das Alter ist das Problem, sondern unsere Einstellung dazu,“ um es mit Cicero zu sagen. Es gibt ausreichend Studien, die belegen, dass wir in Deutschland bis spätestens 2025 einen deutlichen Fachkräftemangel haben werden. Das vor Augen, muss das Alter zukünftig eine untergeordnete Rolle spielen. Die USA machen es vor. Das Alter ist dort schon heute völlig irrelevant.
Weil wir uns auf den Fachkräftemangel zubewegen. Zwar gibt es auch Studien, die das negieren, aber diese Studien berücksichtigen nicht, dass viele Mütter und vermehrt auch Väter dem Arbeitsmarkt nicht nach der Geburt eines Kindes gleich wieder zur Verfügung stehen. Dass der Mensch nicht 40 bis 50 Jahre ohne Einschränkungen top-leistungsfähig ist. Dass Arbeitnehmer Stunden reduzieren, um ihre Angehörigen zu pflegen. Berücksichtigt man das aber, wird es einen Fachkräftemangel geben. Jobspezifisch und regional. Im Augenblick stützt sich der Arbeitsmarkt noch auf die Babyboomer, aber auch die Babyboomer kommen dem Rentenalter langsam näher. Unternehmen, die in strukturschwachen Regionen Top Fachleute finden wollen, müssen sich schon heute von bestimmten Anforderungen an die Bewerberinnen und Bewerber verabschieden.
Wir sollten uns endlich von Kaminkarrieren verabschieden. Menschen im Alter von 20 oder 30 Jahren haben vielleicht andere Pläne als eine frühe Karriere, wollen zum Beispiel die Welt entdecken oder früh eine Familie gründen. Sie sind dann mit 40 soweit, eine Karriere zu starten. Der allgemeine Trend geht ganz klar in Richtung von Mosaikkarrieren, also Karriereabschnitte, die zum momentanen Leben passen. Deshalb sind Karrieren mit Brüchen auch per se nicht Schlechtes.
Führungskräfte mit einer gewissen Berufs- und Lebenserfahrung sind gerade in Transformationsprozessen gefragt. Allerdings erhält niemand eine Führungsposition, nur weil er oder sie 40plus ist. Es muss schon immer alles passen.
Es ist schon eine Menge passiert. Noch vor 10 Jahren war Homeoffice in vielen Bereichen ein Unwort. Das ist heute anders. Unternehmen müssen jetzt lernen, mit der Vielfalt ihrer Beschäftigten umzugehen. Dies verlangt eine andere Art der Führung. Gute Führungskräfte wird man vor allem daran erkennen, wie viele Follower sie haben.
Grundsätzlich ist ein Mentor an der Seite sehr hilfreich, der die ersten 100 wenn nicht sogar 200 Tage im neuen Umfeld unterstützt. Größere Unterscheidungen zwischen ü40 und U40 wirken oft wie Pauschalurteile. Das sollte vermieden werden. Bei dem ü40 Mitarbeiter ist sicherlich die Lebenserfahrung ein großes Plus.
Noch wird viel über Interviews in Kombination mit Assessments eingestellt. Gerade bei den Assessment ist schon festzustellen, dass hier Entwicklungsbedarf besteht – zum Beispiel wurde eines der heute noch häufig eingesetzten Assessment-Verfahren in den 50er Jahren für das Militär in den USA entwickelt. Damit kann man aber weder die Transformationskompetenz noch die Kompetenz in Richtung Können und Wissen von potentiellen Führungskräften 40plus herauslesen. Dafür benötigt man andere Assessments, andere Instrumentarien. Assessments, die mehr adaptiert sind auf diese Generation.
Nachdem wir über 60 verschiedene Assessments getestet hatten und keines gefunden haben, dass die Transformationskompetenz ganzheitlich erfasst, also neben der rationalen Seite auch die emotionale Seite abfragt, haben wir zusammen mit einem Institut selbst eines entwickelt. Dies kommt dann zum Einsatz, wenn das Recruiting gefordert ist, die Bewerber/Bewerberin zu finden, die in Transformationsprozessen reüssieren – erfolgreich sind.
Die Kundschaft ist vielfältig. Diese Vielfalt muss ich in der gesamten Belegschaft aber auch auf der Führungsebene widerspiegeln. Viele innovative Unternehmen haben dies erkannt und haben umfangreiche Auswahlprozesse, um die Kundenstruktur auch in ihrer Organisation wiederzufinden. Je vielfältiger das Unternehmen ist, desto schneller kann es auf die Kundenbedürfnisse reagieren.
Ich sage immer: „Pinguine stellen Pinguine ein“. Die Vielfalt im Recruiting wird mit entscheidend sein für den Erfolg des Unternehmens.
Das ist eine spannende Frage, weil da zwei Komponenten reinspielen. Die eine Komponente ist, dass wir 2026 – bedingt durch neue Organisationsformen in den Unternehmen – voraussichtlich wesentlich weniger Führungskräfte haben werden als heute. Die zweite Komponente ist, dass wir für Führungskräfte das Prinzip der Follower haben werden. Ich schätze daher, dass 2026 10 bis 15 Prozent, der Führungskräfte erst mit über 40 eine Führungsposition übernommen haben werden.
Über Prof. Dr. Peter Körner
Prof. Dr. Peter Körner war, bevor er zur Personalberatung KAUF Leaders & Ventures – spezialisiert auf die Personalberatung für Unternehmen und Führungskräfte in innovativen Geschäften – wechselte, mehrere Jahre in leitenden Funktionen. Unter anderem als Geschäftsführer des Bereichs Personal und Recht der T-Mobile Deutschland GmbH. An der Hochschule Rhein Main lehrt er im Studiengang Media Management. Dr. Körner ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Videos von Prof. Dr. Peter Körners Vortrag über "Bildung im Zeitalter der Digitalisierung" finden Sie hier:
Teil 1 – Teil 2 – Teil 3
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