Man möchte denken, dass wir eigentlich in einer aufgeklärten Zeit leben, in der Menschen auch innerhalb der Arbeitswelt gleichbehandelt und zu keiner Zeit diskriminiert werden – egal, ob Frau oder Mann. Doch leider sieht die Realität anders aus: Während Männer bei einem Vorstellungsgespräch nur in den seltensten Fällen nach den familiären Verhältnissen gefragt werden, müssen sich Frauen fast immer rechtfertigen, beispielsweise ob sie eine Schwangerschaft planen oder bereits Kinder haben. Denn für viele Personaler stellen besonders Frauen mit Kindern ein Risiko dar, weil sie angeblich zeitlich unflexibel und bedingt durch die Schwangerschaft und die Elternzeit nicht mehr up-to-date sind. Sollten Frauen daher also schon so früh wie möglich in der Bewerbungsphase über die familiäre Situation informieren?
Seit dem Inkrafttreten des sogenannten Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahre 2006 sollen alle Arbeitnehmer:innen und Bewerber:innen in Deutschland dieselben Rechte und dieselben Chancen haben – ohne aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Glaubens oder ihres Geschlechtes in irgendeiner Art und Weise diskriminiert zu werden. Doch obwohl seitdem viele Jahre ins Land gezogen sind, hat sich besonders für Frauen in der Arbeitswelt kaum etwas geändert. Denn auch wenn sie hervorragend ausgebildet, überqualifiziert und motiviert sind, haben sie trotzdem mit zahlreichen Schwierigkeiten und Vorurteilen zu kämpfen – vor allem dann, wenn sie bereits Kinder haben. Daher kommt es immer häufiger vor – auch wenn man es kaum glauben mag – dass Frauen ihre Kinder in der Bewerbung verschweigen, um zumindest nicht direkt aussortiert zu werden. Doch anstatt diesen Weg einzuschlagen, gibt es noch andere Möglichkeiten.
Um diese Frage beantworten zu können, gilt es im ersten Schritt herauszufinden, ob es überhaupt gesetzlich verpflichtend ist, in den Bewerbungen Angaben zu der persönlichen beziehungsweise familiären Situation machen zu müssen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sämtliche Informationen zu dem aktuellen Familienstand und den eigenen Kindern als private Angaben gelten und daher auch rechtlich gesehen nicht in der Bewerbung beziehungsweise im Lebenslauf erwähnt werden müssen. Allerdings gibt es diesbezüglich eine Ausnahme, nämlich dann, wenn diese Angaben nachweislich relevant für die angestrebte Stelle sind und explizit in der Stellenausschreibung gefordert werden.
Wer seine Kinder jedoch verheimlicht, um die Chancen auf eine Einstellung zu erhöhen, betrügt sich am Ende nur selbst. Denn zum einen können Unwahrheiten in der Bewerbung selbst Jahre später noch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und im schlimmsten Fall zum Verlust des Jobs führen. Zum anderen geht der künftige Arbeitgeber dann davon aus, dass es keine Probleme mit Krankheiten der Kinder oder deren Betreuung geben wird. Daher ist es in jedem Fall ratsam, selbst dann offen und ehrlich zu sein, wenn man es eigentlich gar nicht sein müsste.
Im Optimalfall erwähnen verantwortungsbewusste Mütter schon in der Bewerbung, dass sie Kinder haben, wie alt diese sind und warum der potentielle Arbeitgeber damit rechnen muss, dass es hin und wieder zu zeitlichen Komplikationen kommen kann. Hier kann man natürlich an das Gewissen appellieren, da viele Personaler zum einen selbst Kinder haben und zum anderen auch ohne eigenen Nachwuchs wissen sollten, dass die Bedürfnisse eines Kindes zu jeder Zeit Vorrang haben. Das gilt verständlicherweise vor allem dann, wenn es sich um Babys beziehungsweise um Kleinkinder handelt. Allerdings bedeuten Kinder nicht zwangsläufig auch, dass eine Mutter dadurch weniger flexibel in Bezug auf die Arbeitszeiten ist.
Wenn das Kind zum Beispiel krank wird oder aufgrund einer vorübergehenden Schließung der KITA zuhause betreut werden muss, kann die Frau trotzdem ihrem Job nachgehen. Hier kommt das sogenannte Home-Office-Modell zum Tragen. So kann sich die Mutter nämlich in den eigenen vier Wänden um das Kind kümmern und gleichzeitig von zuhause aus ohne Probleme alle anfallenden Arbeiten erledigen. Darüber hinaus können die älteren Geschwister, die Großeltern oder sonstige Familienmitglieder erwähnt werden, um deutlich zu machen, dass eventuell auftretende Komplikationen flexibel, schnell und einfach familienintern geklärt werden können.
Wer von Beginn an bei der Bewerbung ehrlich ist und mit offenen Karten spielt, kann das natürlich auch von dem potentiellen neuen Arbeitgeber erwarten. Allerdings kommt es ungeachtet der gesetzlich verpflichtenden Gleichbehandlung trotzdem immer wieder zu Diskriminierungen von Frauen und insbesondere von Müttern. Wenn dieser Fall nachweislich eintritt, müssen sich Frauen das aber keineswegs bieten lassen und können dementsprechende Rechtsansprüche stellen. Laut den Experten der Frankfurter Rundschau haben betroffene Frauen dann zwar keinen automatischen Anspruch auf eine Einstellung, dafür jedoch einen auf maximal drei Monatsgehälter festgelegten Entschädigungsanspruch.
Um diesen Anspruch geltend zu machen, muss einerseits klar erkennbar sein, dass es sich tatsächlich um eine Diskriminierung aufgrund privater Angelegenheiten handelt. Außerdem muss sich die Frau ernsthaft auf die Stelle beworben haben und dementsprechend auch dafür qualifiziert sein. Abschließend sei gesagt, dass der Anspruch innerhalb von zwei Wochen nach dem Erhalt der Absage geltend gemacht werden muss, da dieser sonst verwirkt ist. Darüber hinaus steht es der Frau natürlich frei, auf den verschiedenen Arbeitgeberbewertungsportalen über das diskriminierende Unternehmen zu informieren. Allerdings sollte man hier nicht übertreiben oder gar ausfallend werden, da man sonst nicht wirklich besser ist als der angeprangerte Arbeitgeber.
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