Laut Ravensburger Elternsurvey 2010 wünschen sich 96 Prozent der Eltern flexiblere Arbeitszeiten. Die GfK Nürnberg fand in ihrer Personalmarketingstudie 2010 im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) heraus, dass für 90 Prozent der Beschäftigten zwischen 25 und 39 Jahren mit Kindern die Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers ebenso wichtig ist wie das Gehalt – oder sogar wichtiger. Interessant ist auch das Ergebnis des Instituts für Demoskopie Allensbach. Laut Monitor Familienleben 2010, welcher jedes Jahr im Auftrag des BMFSFJ erstellt wird, würden 60 Prozent der Väter mit Kindern unter 18 Jahren gerne weniger arbeiten. Diese Zahlen zeigen ganz deutlich, dass die Mehrzahl der berufstätigen Mütter und Väter sich mehr um ihre Kinder kümmern will, gleichzeitig aber nicht auf den Beruf verzichten möchte. Die Zahlen zeigen aber auch, dass für die meisten Eltern eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur mit flexiblen und reduzierten Arbeitszeiten möglich ist. Auch die Politik hat dies erkannt und die Initiative „Familienbewusste Arbeitszeiten“ gestartet.
Aber gibt es das richtige Modell? Ist eine 80-Prozent-Stelle grundsätzlich besser als eine Halbtagsstelle? Oder umgekehrt? Weder noch. Ein Patentrezept für das ideale Arbeitszeitmodell gibt es nicht. Die Modelle sind so vielseitig wie die Lebenssituationen der Menschen. Die ideale Lösung muss jeder für sich und in Absprache mit dem Arbeitgebenden finden.
Und: Nicht jedes Arbeitszeitmodell ist auf jeden Beruf anwendbar.
Die meisten Menschen denken bei Teilzeit an eine 50-Prozent-Stelle am Vormittag; der Nachmittag gehört den Kindern und dem Haushalt. Dem ist aber nicht so. Grundsätzlich arbeitet jeder Arbeitnehmer, der regelmäßig kürzer arbeitet als ein vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer, in Teilzeit. Das Teilzeitmodell bietet daher unzählige Möglichkeiten:
Die tägliche Arbeitsstundenzahl wird reduziert. Eine Variation dessen ist, dass die Stundenzahl reduziert wird, indem an weniger Tagen gearbeitet wird. JOBSHARING: Wer in einer Funktion arbeitet, die auf mehrere Mitarbeiter umgelegt werden kann, für den bieten sich Job-Sharing-Modelle an. Hier teilen sich zwei Mitarbeiter eine Vollzeitstelle. Auch Teilzeit im Team ist eine Art Jobsharing. Die Teammitglieder müssen sich dann untereinander darüber einigen, wer wann arbeitet. Dies erfordert ein hohes Maß an Organisation, bietet aber gleichzeitig große Flexibilität.
Wer einen Beruf ausübt, der eine gewisse Flexibilität zulässt, kann mit seinem Arbeitgeber auch eine reduzierte Jahresarbeitszeit festlegen. Beispielsweise kann man vereinbaren, im ersten Halbjahr 40 Prozent zu arbeiten und im zweiten auf 80 zu erhöhen. Dieses Modell hat den großen Vorteil, dass jederzeit flexibel auf die familiären Anforderungen eingegangen werden kann. Sind die Kinder einmal krank, ist es einfacher Zuhause zu bleiben, als bei festen Arbeitszeiten.
Wer langfristig planen kann, für den kann ein Sabbatical eine interessante Form der Teilzeit sein. Hierbei wird die freie Zeit vorgearbeitet. Hierzu kann man zum Beispiel über drei Jahre 40 Stunden pro Woche arbeiten, sich aber nur 30 Stunden auszahlen lassen. Das vierte Jahr kann man dann freinehmen, bezieht aber weiterhin sein Gehalt.
Um jetzt herauszufinden, welches Arbeitszeitmodell für Dich das richtige ist, solltest Du Dir folgende Fragen stellen:
Wie wichtig ist Dir Dein Beruf?
Wer längere Zeit aus dem Beruf aussteigt, hat es noch immer schwerer, wieder einzusteigen. Sollte für Dich ein Job also Mittel zum Zweck sein und Deine Priorität auf der Familie liegen, solltest Du Dir überlegen, in Teilzeit zuarbeiten.
Wie wichtig ist es für Dich Karriere zu machen?
Willst Du Karriere machen, also irgendwann einmal Führungsverantwortung übernehmen, kann es sinnvoll sein, eher Vollzeit zu arbeiten. Noch bieten nur sehr wenige Unternehmen Führungspositionen in Teilzeit an.
Welche finanziellen Einbußen kann ich hinnehmen?
Selbstverständlich musst Du, bzw. müsst Ihr als Paar Euch überlegen, was Ihr Euch leisten könnt. Reichen die Einnahmen, wenn einer von Euch nur wenige Stunden pro Woche arbeitet?
Wie stellst Du Dir Euer zukünftiges Familienleben vor?
Jetzt wird es kniffelig, denn hier fallen viele wieder in alt bekannte Muster zurück. Obwohl die Mehrheit der Paare sich heute Familie und Beruf partnerschaftlich teilen möchte. Wäge mit Deiner/Deinem Partner*in genau die für und Wider ab. Am besten indem ihr die rosarote Brille mal für einige Zeit absetzt und auch die "worst-case" Szenarien, wie Scheidung oder sogar den Tod eines der Partner mit in Betracht zieht.
Selbstverständlich sollte hier aber auch klar definiert werden, wer sich um was bei der Kinderbetreuung aber auch im Haushalt kümmert.
Wie viel Energie hast Du?
Die Frage hört sich zunächst einmal komisch an, aber tatsächlich hat nicht jeder Mensch den gleichen Energielevel. Mal ganz abgesehen davon, dass Kinder einem zwar unheimlich viel geben können, gleichzeitig aber auch ziemliche Energiefresser sein können.
Wenn Du Dir all diese Fragen ehrlich beantwortet hast, gib sie Deinem Partner/Deiner Partnerin. Wenn auch sie/er sie für sich beantwortet hat, solltet Ihr Euch zusammen setzen und alle Punkte gemeinsam diskutieren. Erst wenn Du weißt, wie Ihr Euch aufstellen wollt, kannst Du das für Dich ideale Arbeitsmodell wählen.
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