Volle Kraft voraus – So geht Vereinbarkeit

Angelo Cardinale ist Gründer und Angestellter. Wie er Beruf und Familie vereinbart, erfahrt ihr auf LOB.

Nicole Beste-Fopma
Journalistin & Autorin

Angelo Cardinale schmunzelt, als er sich an sein erstes Treffen mit Verantwortlichen der Crowdfunding-Plattform Seedmatch in Dresden erinnert. Dort erschien der Heidelberger nämlich mit dem Handy im Anschlag, da die Geburt des zweiten Kindes unmittelbar bevorstand. Für die Investoren eine eher unübliche Situation. Schließlich ist ein solches Treffen für jedes im Aufbau befindliche Unternehmen ein Meilenstein. Da ist absolute Konzentration gefragt. „Die fanden das eher lustig“, so Angelo Cardinales Eindruck.


Unternehmens- und Familiengründung: Glück im Doppelpack

2012 gründeten Angelo Cardinale und Dr. Simon Preiß, ebenfalls Vater zweier Kinder, das Unternehmen Caprimed. Ihre Software Wawibox bietet Zahnärzten die Möglichkeit, medizinisches Verbrauchsmaterial von verschiedenen Händlern kostengünstig zu bestellen. Zusätzlich ermöglicht die Software, das Material automatisch zu verwalten, so dass die Bestände in der Praxis leicht zu kontrollieren sind und im Bedarfsfall schnell nachbestellt werden können. Nach zweijähriger Entwicklung wird das Produkt seit einem Jahr auf dem Markt getestet.


Mit Familie gepunktet

Die Zusammenarbeit mit Seedmatch kam zustande – vielleicht auch weil Angelo Cardinale durch die ungewöhnliche Situation beim ersten Treffen seine Belastbarkeit beweisen konnte. Die Gehaltsvorstellungen der Firmengründer waren im Geschäftsplan aufgrund der Familien im Hintergrund zwar deutlich höher als normalerweise. Da ihnen vorerst aber kein Gehalt ausgezahlt werden soll, seien die Investoren diesbezüglich entspannt, so Angelo Cardinale. Im Gegenteil kam es bei den Investoren gut an, dass die beiden Gründer Familien haben. „Schließlich zeugt das von Verantwortungsbewusstsein.“


Festangestellt und Selbstständig

Für den Unterhalt seiner Familie arbeitet Angelo Cardinale an zwei Tagen pro Woche bei einem mittelständischen Metallunternehmen als IT-Projektleiter. Dort ist er verantwortlich für ein dreiköpfiges Team, das für eine neue Logistiklösung die Steuerung programmiert. Diese Aufgabe bedeutet aber auch, für Sondereinsätze wie Messen und andere wichtige Termine zur Verfügung stehen zu müssen. Simon Preiß arbeitet nebenbei noch als Angestellter in einer Zahnarztpraxis.


Doch der Einsatz der beiden Jungunternehmer macht sich bezahlt: Durch die Zusammenarbeit mit Seedmatch ist schon eine Investitions-Darlehenssumme von über 270.000 Euro zusammengekommen. Geld, das erfolgsverzinst wieder zurückgezahlt werden muss. Ein großer Erfolg für das kleine Unternehmen, das weiter wachsen will. Wachstum bedeutet aber auch größere Herausforderungen, beispielsweise in Bezug auf Personalverantwortung. Selbst wenn eine geregelte Arbeit neben der Unternehmensführung irgendwann finanziell nicht mehr notwendig sein sollte, so werden doch die Aufgaben im eigenen Unternehmen nicht weniger. In den nächsten Jahren werde sich sein Berufsalltag nicht entspannen, so Angelo Cardinales Einschätzung zur weiteren Entwicklung.


Für die Familie bleibt nur das Wochenende

Viel Zeit für die Familie bleibt bei so viel Verantwortung nicht. „Freizeit gibt es höchstens am Wochenende“, bemerkt der junge Firmengründer. Natürlich habe er eine andere Idealvorstellung vom familiären Alltag. „Morgens joggen gehen, dann mit der Familie gemeinsam frühstücken, nachmittags nach der Arbeit mit den Kindern auf dem Spielplatz sein und am Wochenende in Kurzurlaub fahren, das wäre schon schön.“


Den Familienalltag managt die Frau 

Seine Frau Héloїse managt Kinder und Haushalt tagsüber weitestgehend allein. Ihr Beruf als Bühnenbildnerin liegt derzeit auf Eis. Im Vergleich zu den Frauen in ihrem Heimatland Frankreich lebt Héloїse kein typisches Leben als Frau und Mutter. Bei unseren Nachbarn ist es schließlich normal, nach Ende des Mutterschutzes wieder voll arbeiten zu gehen. Das deutsche System, selbst frei entscheiden zu können, wie man seinen Alltag mit kleinen Kindern gestaltet, erscheint den jungen Eltern sympathischer. Héloїses beruflichen Wiedereinstieg in Teilzeit kann sich das Paar aber gut vorstellen, sobald beide Kinder den Kindergarten besuchen. Zum Glück gibt es einige helfende Hände im Familienalltag. Zum Beispiel die Putzhilfe, die einmal in der Woche kommt. Auch die Oma unterstützt die Familie, wenn es ihr möglich ist. So gibt es für Nora nach Möglichkeit einen Omatag in der Woche, das entlastet Héloїse. Der Spagat zwischen Familie und Firma gelingt also auch, weil innerhalb der Familie die Zusammenarbeit funktioniert.


Ein Sabbatical wäre schon denkbar

Würde Angelo Cardinale seinen jetzigen Arbeitsalltag gegen eine Festanstellung bei einer größeren Firma eintauschen wollen? „Natürlich hört man von Freunden und Bekannten, dass Familie und Arbeit auch anders laufen kann. Von meinem Wesen her könnte ich mir ein Sabbatical zum Beispiel gut vorstellen. Aber mit der Existenzgründung habe ich nicht nur für mich, sondern auch für andere Verantwortung übernommen, zum Beispiel für meinen Partner. Außerdem macht mir die Arbeit unglaublich viel Spaß. Und ich freue mich jeden Morgen, wenn ich aufstehe, dass ich arbeiten gehen kann. Allein das ist ja schon viel wert. Ob das dann am Ende anstrengend ist oder nicht, juckt mich nicht so.“


Vater: Angelo Cardinale, Firmengründer, Geschäftsführer und IT-Projektleiter (31), Mutter: Héloїse, Bühnenbildnerin (32), Kinder: Nora (2 1/2), Gabriel (9 Monate)

Bildnachweis: Pexels – Yan Krukov

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